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Germanistische Sprachwissenschaft

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Rot-Grün

  • 1998, Platz 1

Schon Goethe wusste: „Die stärkste Farbe findet ihr Gleichgewicht, aber nur wieder in einer starken Farbe, und nur wer seiner Sache gewiß wäre, wagte sie nebeneinander zu setzen.“ – Zwei solch starke Farben schienen sich nach dem für SPD und Bündnis 90/Die Grünen siegreich verlaufenen Wahlkampf in der neuen Mitte gefunden zu haben; die Schröder-Fischer-Ära wurde eingeläutet – und zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands waren es zwei Komplementärfarben, welche die Regierungskoalition bildeten.

Dass Rot die Parteifarbe der SPD ist, hat historische Gründe. 1848, im Gründungsjahr der SPD, galt es als opportun, dass jede linksorientierte Partei rote Fahnen schwenkte, da diese Farbe – im Mittelalter noch Zeichen fürstlicher Macht – während der französischen Umstürze von den Revolutionären in Anspruch genommen worden war.

Das Grün der Grünen hingegen dient der Versinnbildlichung der Ideale dieser Partei: so dessen einer ökologischen Wirtschafts- sowie einer von der Hoffnung auf eine friedliche Zukunft getragenen Außenpolitik. Die CDU wählte, eine christliche Partei, ihre Farbe nach den Talaren der Priester und Pastoren, während sich Gelb, als dritte Farbe der deutschen Fahne neben Schwarz und Rot, für die Nachkriegs-FDP besonders anzubieten schien.

Der Mensch verfügt über eine weit über andere Säugetiere hinaus entwickelte Farbwahrnehmung, und daher mag es nicht verwundern, dass in seinem Denken und somit auch in seiner Kultur und seiner Sprache die Farben eine besondere Rolle spielen (allein unter den Wörtern des Jahres finden sich etliche ‚Farbenwörter‘: Blackout, Blauhelmeinsatz, Greencard, die Grünen, rote Socken, Schwarzgeldaffäre, schwarz-rot-geil, schwarze Null, Black Lives Matter). So könnte man sagen, dass nach der Wahl nicht wenige Bundesbürger ihr blaues Wunder erlebten. Das Konzept der neuen Regierung schien tatsächlich dasselbe in Grün zu sein; ihr fehlte offenbar jeglicher rote Faden. Hatte Rot-Grün den Wählern zuvor das Blaue vom Himmel herunter versprochen, kam man nun auf keinen grünen Zweig und schrieb weiterhin rote Zahlen. Die Opposition sah rot und bezichtigte die Regierung, noch ziemlich grün hinter den Ohren zu sein, während andere, die sich wünschten, die Koalition möge endlich Farbe bekennen, sich nur noch schwarz ärgern konnten. Selbst als ein blauer Brief aus Brüssel eintraf, lobte die Regierung ihre eigene Arbeit weiterhin über den grünen Klee.

Die jeweilige Assoziation, welche eine Farbe bei einem Durchschnittsdeutschen erweckt, kann zumeist sowohl positiv als auch negativ ausfallen. Dies trifft besonders auf die Farbe Rot zu, die nicht nur für ›Hass‹, ›Rache‹ und ›Gewalt‹, sondern eben auch für ›Liebe‹ und ›Leidenschaft‹ steht. Umfragen haben allerdings ergeben, dass sich Rot mit Schwarz ein Ressort teilt, indem hier beide Farben 24 % erreichten: als Farbe der Unmoral.