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Bild von einem Straßenschild mit der Aufschrift "Changé" in Frankreich

Transformationen von Saalbetrieben im ländlichen Niedersachsen digital erforschen | Prof.in Dr.in Lina Franken hält Ringvorlesung „Wissen ermöglicht Wandel“ an der Universität Vechta

 Dienstag, 11.11.2025

Seit mehr als einem Jahrhundert prägen Gaststätten mit angeschlossenem Saalbetrieb die niedersächsische Alltags- und Festkultur. Als öffentliche Orte sind häufig ganze Biographien mit diesen Sälen verwoben: von der Wiege bis zur Bahre wird in ihnen zu den verschiedensten Anlässen gemeinsam gefeiert. Seien es Kino-, Musik-, Tanz- oder Theaterveranstaltungen, Hochzeiten, Vereinsversammlungen oder einfach nur das gesellige Beisammensein – vieles davon habe dazu beigetragen, dass der Saal „einfach zum Leben dazugehöre“. Diese durch viele vorherige positive Ereignisse aufgebaute Vertrautheit habe vielen Personen beispielsweise bei Trauerfeiern geholfen.

Insbesondere im ländlichen Raum unterliegen Saalbetriebe grundsätzlichen Transformationen und sind gleichzeitig ein wesentlicher Teil dieser Veränderungen, gerade durch ihre zentrale Stellung für die Entwicklung von Gemeinschaft und Festkultur im Ort. In einem vom niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) mit rund 250.000 Euro geförderten dreijährigen Forschungsprojekt der von Prof.in Dr.in Lina Franken geleiteten Arbeitsgruppe Digital Humanities aus den Kulturwissenschaften der Universität Vechta wird in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsverband Osnabrücker Land derzeit zusammengetragen, welche Zeugnisse aus der Vergangenheit dieser Säle existieren. In ihrem Vortrag bei der Ringvorlesung „Wissen ermöglicht Wandel“ gab Franken interessante Einblicke in die laufende Forschungsarbeit.

Vielfältige Objekte in den Sälen zeugen von ihrer aktuellen und früheren Nutzung. Diese werden nun nach wissenschaftlichen Kriterien erschlossen und in einer Datenbank gesammelt, aus der eine Online-Darstellung wächst. Durch ausführliche Interviews mit Beteiligten werden die Dinge mit den entsprechenden Kontexten verknüpft, und diese Erzählungen dokumentiert. Nach internationalen Standards bearbeitet, können die Objekte, Fotos und Dokumente anhand der Erinnerungen aus den Sälen bald mit anderen Überlieferungen weltweit verbunden werden.

Wie unterschiedlich die Bedeutungen sein können, wird etwa bei dem aktuell im Umbau befindlichen Saal Haarmeyer in Neuenkirchen deutlich, in dem die Arbeitsgruppe auch mit Studierenden geforscht hat: dort wird der Boden des historischen Saals im Zuge der Sanierung angehoben, um einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Aus architektonischer Perspektive wird diese Veränderung des Gesamtaufbaus kritisiert, die Kinder im Ort freuen sich jedoch vor allem darauf, wieder bei Familienfeiern auf Socken über die Tanzfläche „rutschen“ zu können, die mit ihrem Parkett erhalten bleibt.


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