

Alumni Portrait von Heiko Suhr
Ostfriesland gehört sowohl zu seinen privaten, als auch beruflichen Mittelpunkten: Geboren 1983 in Aurich und in Mittegroßefehn aufgewachsen, studierte Dr. Heiko Suhr in Vechta von 2004 bis 2009 Neuere und Neueste Geschichte, Politik- sowie Erziehungswissenschaften. Mittlerweile ist der 41-Jährige Leiter der Ostfriesischen Landschaftsbibliothek und Experte für die Ostfriesische Landesgeschichte.
Wieso haben Sie sich entschlossen in Vechta zu studieren? Was war Ihr Berufswunsch zu Beginn Ihres Studiums?
Vechta war mein Wunschort, nachdem ich mir mehrere andere Universitäten angesehen habe. Die Uni bot den perfekten Mix aus Nähe zur Heimat und individueller Betreuung; mir war sehr wichtig, dass es kein anonymes Studium sein sollte. Später wollte ich damals als Historiker Anstellung finden – beispielsweise im Museum, einem Archiv oder einer Bibliothek. „Notfalls“ sollte es noch den Quereinstieg ins Lehramt geben können. Daher fiel auch meine Wahl auf das Nebenfach „Pädagogik/Erziehungswissenschaften“.
Wie war Ihr Weg/Werdegang zur Bibliotheksleitung?
Nach dem Studium schloss sich ein Promotionsstudium bis 2019 an. Während dieser zehn Jahre war ich parallel als freiberuflicher Historiker vor allem in Ostfriesland unterwegs, u.a. für meinen jetzigen Arbeitgeber in mehreren Projekten. Nach der Promotion bot sich mir dann in Wesel am Niederrhein als Leiter des dortigen Stadtarchivs ein neues berufliches und bald auch privates Zuhause. Der Wechsel war allerdings zunächst relativ stressig: Meine Disputation war erfolgreich über die Bühne gebracht und mit meiner Familie und meinem Doktorvater Prof. Dr. Joachim Kuropka ging es dann in die Elmendorffburg zu einem entspannten Abendessen. Weit nach 23 Uhr bin ich wieder in Ostfriesland angekommen und musste schon gegen 5 Uhr früh wieder aufbrechen, um an meinem ersten Arbeitstag in Wesel nicht zu spät zu kommen.
Der Start in Wesel war mit einer Ausstellung über das Wirtschaftswunder und den Wiederaufbau nach der völligen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg sehr erfolgreich, sodass aus einer achtmonatigen Krankheitsvertretung bald ein unbefristeter Job wurde. Der Wunsch, nach Ostfriesland zurückzukehren, war aber groß; vor allem Freunde und Familie waren weit weg.
So bot sich dann die Chance, die Leitung der Landschaftsbibliothek – mit Status einer niedersächsischen Landesbibliothek – zu übernehmen und damit auch einer der maßgebenden Historiker für die ostfriesische Landesgeschichte zu werden beziehungsweise in diesem Bereich Projekte zu initiieren.
Meine Aufgaben umfassen:
In der Bibliothek bin ich unter anderem für die Neuanschaffung verantwortlich, betreue und initiiere historische Projekte und forsche selbst. Auch den strukturellen Wandel, hin zu einem modernen Lernort, begleite ich; hier sogar in direkten Gesprächen mit der Unibibliothek Vechta. Christopher Folkens, jetzt in der UB Abteilungsleiter für Lernraum und Services, war damals sogar als wissenschaftlicher Praktikant bei uns. Aktuell betreue ich ein Dissertationsprojekt der Uni Oldenburg zu den Kreis- und Ortsgruppenleitern der NSDAP in Ostfriesland. Zu meinen Aufgaben gehört auch ein regionales Jahrbuch (Emder Jahrbuch) und ein erfolgreiches Blog (https://ostfrhist.hypotheses.org), sowie mehrere Vermittlungsprojekte: Tag der ostfriesischen Geschichte, Verleihung des ostfriesischen Schülerpreises. Sehr wichtig ist mir auch der inter-friesische Austausch mit Nordfriesland und Westfriesland.
Wenn ich an mein Studium zurückdenke, denke ich gerne an:
Individuelle Betreuung, maximale Flexibilität im Magisterstudiengang, Seminare in überschaubarer Größe mit einer unglaublich guten Diskussionskultur, meine Studentenbude im ländlichen Bakum, viele Hausarbeiten zu spannenden Themen, die mich teilweise bis heute begleiten, unendlich viele Stunden in der Bibliothek und in der Mensa.
Mit Vechta verbinde ich:
Moderne Strukturen, aber private Atmosphäre, kein allzu elitäres Denken, Freiheit Fehler zu machen, trotzdem eine Lehre auf sehr hohem Niveau.
Auf dem Stoppelmarkt würde ich gerne mal ein Bier trinken mit:
Meinen lieben Kommilitonen Wojtek und Ralf, weil wir uns schon viel zu lange nicht mehr gesehen haben.
Aus meiner Studienzeit habe ich diesen Gegenstand aufgehoben:
Eine Tasse der Universität, noch mit dem alten Logo, die ich als Präsent erhalten habe im Rahmen der Auszeichnung mit dem Studienbeitragsstipendium. Daraus schmeckt der morgendliche Kaffee immer noch sehr gut, auch wenn das neue Logo tatsächlich schöner ist.
Mein Tipp für Studieninteressierte und Studierende ist:
Den Mut haben, an eine kleine Universität zu gehen. Die Vorteile liegen auf der Hand: engmaschige Betreuung, individuelle Möglichkeiten, in schwierigen Momenten Betreuung auch über fachliche Dinge hinaus.
Stand: 03/2025, Fotonachweis: ©Privat / Heiko Suhr