Erasmus plus Exchange semester impressions (Part1)
Afrim Maja
Wegen meiner Sehbeeinträchtigung habe ich sehr früh festgestellt, dass der sicherste Weg für mich zu einer erfolgreichen Karriere ein Studium ist. Deshalb entschied ich mich 2015 in meinem Heimatland Albanien dafür, Anglistik zu studieren. Das Studium war sehr umfangreich, dazu kamen zahlreiche Nebentätigkeiten, wie mein Engagement im Fachrat und im Universitätsrat. Kurz vor dem Abschluss meines Studiums erfuhr ich von einer Erasmus-Partnerschaft zwischen der Universität Shkodra und der Universität Vechta. Zuvor hatte ich bereits lange darüber nachgedacht, ins Ausland zu gehen, um entweder weiter zu studieren oder zu arbeiten. Da ich sehr gute Referenzen an der Universität vorweisen konnte, fiel es mir leicht, ein Stipendium zu erhalten.
Nach dem Abschluss meines Studiums an der Universität Shkodra begann ich ein Master-of-Education-Studium im Fach Anglistik auf Lehramt. Gleichzeitig erhielt ich ein Erasmus-Plus-Stipendium für ein Semester an der Universität Vechta. Damit öffnete sich für mich ein neues und unbekanntes Kapitel. Bis dahin hatte ich keinerlei Bindung zu Deutschland, und mit der deutschen Sprache hatte ich keinerlei Kontakt. Das Einzige, was mich mit Deutschland verband, war meine Liebe zu Mercedes.
Seitdem meine Familie unser erstes Auto hatte, stand immer ein Mercedes in unserer Garage – und daran hat sich bis heute nichts geändert. Mit Mercedes verband ich stets Zuverlässigkeit, Stabilität, Präzision, Detailgenauigkeit und Luxus. Ungefähr so stellte ich mir auch Deutschland vor. Gleichzeitig waren jedoch Bilder aus Filmen über den Zweiten Weltkrieg noch stark in meinem Kopf präsent. Das Schlimmste dabei ist, dass diese Bilder und Stereotypen außerhalb Deutschlands bis heute weiterverbreitet werden. Die deutsche Sprache galt als schwer und hart, die Deutschen als Volk als kalt, unfreundlich und anstrengend, zugleich aber als fleißig, diszipliniert, pünktlich und hilfsbereit. Das waren einige der Eindrücke, die ich von Deutschland gewonnen hatte – Eindrücke, die sich jedoch schon nach wenigen Wochen als mein größter Kulturschock entpuppen sollten. Wenn es neben den akademischen Leistungen einen weiteren wichtigen Grund für ein Austauschsemester in Deutschland gibt, dann ist es genau der: alte Stereotypen abzubauen.
Die Entscheidung, nach Deutschland zu kommen, nahm ich zunächst als Experiment wahr. Nach dem Abschluss meines Studiums in Albanien fühlte ich mich mit der sozioökonomischen Situation im Land zunehmend unzufrieden. Karrierechancen waren gering, das Leistungsprinzip existierte kaum. Während der Studienzeit wurde uns gesagt, dass wir als junge Menschen die Welt verändern könnten und die Zukunft des Landes seien. In der Realität war jedoch leider das Gegenteil zu spüren. Das Land war geprägt von Korruption, steigender Kriminalität und Perspektivenlosigkeit. Für viele junge Menschen führte im Grunde jeder Weg ins Ausland. Dass ich einmal in Deutschland landen und mich später sogar dafür entscheiden würde, dort langfristig zu leben, hätte ich mir selbst in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Wenn mich heute jemand fragt, was meine Entscheidung geprägt hat, in Deutschland zu leben, dann würde ich sagen: Es sind die Kleinigkeiten – von Unbekannten auf der Straße freundlich begrüßt zu werden, in Behörden ernst genommen zu werden oder zu beobachten, wie sich eine ganze Stadt darum sorgt, dass ein Kind schnell und heil nach Hause kommt.
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Due to my visual impairment, I realised very early on that the safest path for me to a successful career was through higher education. That is why I decided in 2015 to start a Bachelor of English and American studies. in my home country of Albania. The degree programme was very diverse, and I undertook numerous additional responsibilities, such as my engagement in the Faculty Council and the University Council. Shortly before completing my studies, I learnt about an Erasmus partnership between the University of Shkodra and the University of Vechta. Previously, I had long considered going abroad to either continue studying or to work. Since I had very good references from the university, it was easy for me to obtain a scholarship.
After completing my studies at the University of Shkodra, I began a Master of Education programme in teaching English as a second language. At the same time, I received an Erasmus Plus scholarship for one semester at the University of Vechta. This opened a new and unknown chapter for me. Until then, I had no connection to Germany whatsoever, and I had no contact with the German language. The only thing that connected me to Germany was my love for Mercedes.
Ever since my family had our first car, there was always a Mercedes in our garage; nothing has changed today, by the way. I always associated Mercedes with reliability, stability, precision, detail, and luxury. I imagined Germany in roughly the same way. At the same time, however, images from films about World War II were still strongly present in my mind. The worst part is that these images and stereotypes continue to be spread outside of Germany to this day. The German language was portrayed as difficult and harsh, the German people as cold, unfriendly, and demanding, yet hardworking, disciplined, punctual, and helpful. These were some of the impressions I had formed about Germany – impressions that would, however, prove to be my greatest culture shock within just a few weeks. If there is another important reason for an exchange semester in Germany besides academic experiences, breaking down old stereotypes is definitely one.
I initially perceived the decision to come to Germany as an experiment. After completing my studies in Albania, I felt increasingly dissatisfied with the socioeconomic situation in the country. Career opportunities were scarce, and meritocracy barely existed. During my studies, we were told that we, as young people, could change the world and were the future of the country. In reality, however, the opposite was to be seen. The country was characterised by corruption, rising crime, and lack of perspective. For many young people, basically every path led abroad. I could not have imagined in my wildest dreams that I would one day end up in Germany and later even decide to live there long-term. If someone asks me today what influenced my decision to live in Germany, I would definitely say: small things: being greeted kindly by strangers on the street, being taken seriously in government offices, or watching how an entire city goes out of its limits to make sure that a little child getts home safely.

