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Im Klimawandel, Stillstand

Gabriele Dürbeck

Das Gedicht von Gabriele Dürbeck fragt danach, warum mit der Bewältigung der Folgen des menschengemachten Klimawandels nichts voran geht.

 

 

Wie ließe sich sprechen über den Klimawandel,

der zum Anti-Thema, ja Anathema geworden,

verbannt aus dem Gewissen, und doch:

für Bedrohte Fluch und für Opfer Flucht

bedeutet, obgleich von anderen geleugnet?

 

Wie ließe sich sprechen über den Klimawandel,

dem nicht beizukommen ist,

wenn sich die Welt nicht einig ist,

während die fossile Wirtschaft sich einig ist,

dass dem beizukommen den Geschäften schädlich ist?

 

Wie ließe sich sprechen über den Klimawandel,

der spürbar ist und keine Verschwörung:

triftende Eisberggiganten, ermüdeter AMOC,

Sturzbäche, Bergstürze, Schutt und Schlamm,

brutheiße Sommer, laue Winter

wie im Koma, nichts verhindern,

weil ein einzelner, wie man uns sagt, nichts ändern kann?

 

Wie ließe sich sprechen über den Klimawandel,

der mit anderen Katastrophen konkurriert

und dadurch die Aufmerksamkeit verliert,

während der Komfort sich stets vermehrt,

wenn wir auf die Kanaren jetten, zur Skihütte, zum Wellnessclub

uns zurückziehen in die Familien-Freunde-Bubble

ins Einfamilienhaus mit Doppel-Carport, fest im Sattel?

 

Wie ließe sich sprechen darüber,

dass der Klimawandel auch mich betrifft

und Dich und all die anderen Wesen

in Moor und Marsch und Wattenmeer

in Savanne, Wüste, Wald und mehr

von diesen Landschaften,

die bleiben ohne Gesandtschaften

unbeschützt, da es wohl nützt?

 

Wie ließe sich sprechen darüber,

dass der Klimawandel auch mich betrifft

und Dich und all die anderen Wesen,

die miteinander verbunden sind.

Auch wenn wir die Verbindung missen

und kaum noch wissen,

wie sie zu suchen, wie zu finden ist?

 

Wie ließe sich anders sprechen, etwa

dass Industrien sich ins Erneuerbare wenden,

die Erderwärmung senken

und wir voll Hoffnung an morgen denken,

indem wir Solar- und Windparks vernetzen,

Fleisch durch andre Proteinquellen ersetzen,

fossilfrei fahren, Schwammstädte hegen

und unterm Pflaster den Strand freilegen?

 

Wer ist dieses Ich, das meint,

dass es nichts ändern kann,

die nächste Generation ist dran

und deren Kinder?

Wir machen weiter wie bisher.

Wer ist dieses Wir?

Geht auch deshalb nichts voran?

Gabriele Dürbeck, Februar 2025

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