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Abschiedsrede Prof. Dr. Burghart Schmidt

 Donnerstag, 16.12.2021

Jeder Abschied ist auch ein Neubeginn

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Studierende der Universität Vechta,

nach sechs Jahren als Präsident gilt es für mich Abschied zu nehmen von einem Amt, das ich mit großer Freude und Begeisterung ausgeübt habe. Ich bin stolz auf das kollegiale Miteinander, auf das co-kreative Gestalten, den freundschaftlichen und respektvollen Umgang untereinander und dankbar für das Engagement und auch für die Begeisterung vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vieler Kolleginnen und Kollegen und vieler Studentinnen und Studenten, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass sich die Universität Vechta in den letzten Jahren sehr erfolgreich entwickelt hat, zuletzt unter den schwierigen Bedingungen einer Pandemie, die die Verletzlichkeit unserer Gesellschaft und die Notwendigkeit solidarischen Handelns nur allzu deutlich gemacht hat.

Die vergangenen Jahre als Präsident waren bewegte und vielfach auch herausfordernde Jahre. Sie haben mich fachlich und menschlich gefordert. Bürokratische Hemmnisse und Denkweisen, fehlendes politisches Bewusstsein für die Bedeutung von Bildung im Allgemeinen und Hochschulbildung im Besonderen, unzureichende finanzielle Mittel und manchmal auch der fehlende politische Mut, eingeschlagene Wege zu verlassen, innovativ zu denken und zu handeln, machen den Umgang mit Regierungsinstanzen nicht immer einfach.

Insgesamt jedoch überwiegen das Glück und die Freude, in Vechta, im Oldenburger Münsterland und auch in Hannover auf viele kompetente und engagierte Personen gestoßen zu sein, die sich ernsthaft und mit aller Kraft dafür einsetzen, dass unsere Universität auch zukünftig junge Menschen darauf vorbereiten kann, ihren Lebensweg und damit auch unsere gemeinsame gesellschaftliche Zukunft erfolgreich zu gestalten. Tatsächlich waren die zurückliegenden Jahre an der Spitze unserer Universität für mich immer auch Erfüllung. Sie haben nicht nur neue Bekanntschaften und Freundschaften gebracht, sondern auch gezeigt, dass es gelingen kann Strukturen zu verändern, Impulse zu setzen, innovativ zu denken und zu handeln.

Tatsächlich haben wir in den zurückliegenden Jahren viel erreicht. Wir haben uns mit einer neuen Grundordnung sowie einer Fakultäts- und Institutsstruktur moderne institutionelle Rahmenbedingungen gegeben, unseren Hochschulentwicklungsplan zeit- und aufgabengemäß gestaltet, ein modernes Forschungsdatenmanagement eingerichtet, unsere Grundfinanzierung erhöht, einen neuen Studiengang zu Transformationsprozessen im ländlichen Raum geschaffen, ein bundesweit einmaliges Medienkompetenzzentrum in Kooperation mit dem Landkreis Vechta ins Leben gerufen, ein Kulturanthropologisches Institut und Gründerzentren für das Oldenburger Münsterland in Zusammenarbeit mit den Landkreisen Cloppenburg und Vechta etabliert, zahlreiche Stiftungsprofessuren eingeworben und viele Projekte mit regionalen und überregionalen Partnern initiiert, so beispielsweise zu Transformationsprozessen im Bereich Agrar- und Ernährung, zur Zukunft der Dörfer oder zur Schaffung einer Smart Region Oldenburger Münsterland.

Vor dem Hintergrund einer sich nachhaltig wandelnden Gesellschaft, angesichts großer ökonomischer, sozialer und ökologischer Herausforderungen und einschneidender Veränderungsprozesse, denkt man nur an den Klimawandel oder die Digitalisierung, denkt man auch die zunehmende Gefährdung unserer Demokratie, den wiederaufkeimenden Nationalismus und Rassismus, wird deutlich, dass Wissenschaft und Forschung, faktenbasiertes Agieren und damit selbstverständlich auch die Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte und Methoden zu den zentralen Zukunftsaufgaben unserer Universität gehören. Nichts hat dieses deutlicher betonen können als die derzeitige Pandemie und die damit verbundenen Auseinandersetzungen.

Die Gesellschaft insgesamt und unsere akademische Selbstverwaltung im Besonderen haben sich diesen Herausforderungen zu stellen. Letztere lebt innerhalb der ihr zugestandenen Gestaltungsspielräume von der Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung und zur Selbstkorrektur. Sie lebt vom steten Ausgleich der Interessen und von dem Respekt voreinander. Sie lebt von Solidarität und Vertrauen. Unsere Stärke liegt in dieser Solidarität, in unserer regionalen Verankerung, in dem geteilten Wunsch, die Zukunft positiv zu gestalten und die Werte unseres Grundgesetzes zu verteidigen. Die Freiheit von Forschung und Lehre gehören ebenso dazu wie die Achtung der Würde aller Menschen, auch derjenigen, die vor Krieg und Verfolgung, Not und Elend zu uns geflüchtet sind, die in irgendeiner Form „anders“ sind als es sich die vermeintliche Mehrheitsgesellschaft vorstellt. Diversität und Heterogenität sind eine Chance, wechselseitiger Respekt und Toleranz gegenüber Andersdenkenden von zentraler Bedeutung, sofern sich auch diese tolerant und respektvoll verhalten.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einige Worte des Dankes formulieren, des Dankes für das Vertrauen und für die Unterstützung, die mir zu Teil wurde, des Dankes vor allem für das gemeinsame Engagement von Ihnen allen im Interesse unserer Universität. Ich habe stets auf sehr engagierte, kreative und dynamische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber auch Kolleginnen und Kollegen zählen dürfen.

Hinter uns liegen zwei herausfordernde Jahre. Mit der Corona-Pandemie sind wir in eine Zeit geworfen worden, die wir uns alle so nicht hätten vorstellen können. Für uns als Universität bedeutete dies, ein Umsteuern in vielen Bereichen, dies unter erschwerten Bedingungen und zusätzlichen Belastungen, sei es familiär, beruflich, privat oder auch gesundheitlich.

Ich bin stolz, wie wir als Hochschule in Verantwortung diese Zeiten gemeinsam meistern konnten und weiß, dass jede und jeder von Ihnen einen Beitrag dazu geleistet hat. Das zeichnet uns als kleine und familiäre Hochschule aus und darauf sollten wir auch in Zukunft setzen. Sie alle stehen für Engagement, Begeisterung und Freude in einer tollen Universität und diese lege ich jetzt in die Hände meiner Nachfolgerin. Ihr wünsche ich die erforderliche Kraft und den Mut sowie natürlich auch eine glückliche Hand für eine erfolgreiche Zukunftsgestaltung.

Ich selbst werde der Universität als Professor für die Geschichte der Frühen Neuzeit verbunden bleiben. Nach vielen Jahren in Hochschulleitungsfunktionen in Frankreich und in Vechta wollte ich nicht nochmals für eine weitere Amtszeit kandidieren, sondern mich zum Abschluss meiner Laufbahn wieder wissenschaftlichen Themen widmen. Ich freue mich darauf, in aller Ruhe gute Bücher lesen und vielleicht auch schreiben zu können. In diesem Sinne ist mein Abschied für mich ein Neubeginn, auf den ich mich sehr freue.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien fröhliche Weihnachten, eine erholsame Auszeit zwischen den Jahren und alles erdenklich Gute für ein glückliches neues Jahr. In der Hoffnung, dass wir alle optimistisch auf die kommenden Zeiten blicken dürfen ohne bedrückende Gedanken zur Corona-Pandemie verbleibe ich

mit besten Wünschen und herzlichen Grüßen

Ihr Burghart Schmidt

 

Abschiedsrede: https://www.youtube.com/watch?v=Q7C9HjUB-iE

 


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